Anstellgut (= Starter) als Grundlage für Sauerteig. Anstellgut nur aus Mehl und Wasser herstellen. Spontansauerteig. Spontane Gärung und Säuerung.
Vorbereitung
Hilfsmittel
- ein kleines Weckglas
- einen Esslöffel und eine Gabel
Es ist praktisch, dass der Deckel des Weckglases nur aufliegt. So können Sie das Glas nie zuschrauben, auch nicht aus Versehen. Luft kann leicht rankommen und entstehende Gase können immer entweichen. Einen Weck-Gummi brauchen Sie für das Anstellgut nicht.
Ein Glas sollte es schon sein, weil Sie so am besten über die Blasenbildung und den »Berg« staunen können. Auch wenn irgendwann die Euphorie nachlassen sollte, sehen Sie immer mit einem raschen Blick, wie es Ihrem Anstellgut geht.
Zutaten
- Roggenmehl (Type 1150)
- Warmes Wasser
Mehl hat heute eine hohe Qualität. Das wird u.a. durch mehr oder weniger Zusatzstoffe im gesamten Herstellungsprozess – vom Saatgut bis zum Mahlen – erreicht. Ich bevorzuge Mehl aus kontrolliert biologischem Anbau und zertifizierter Herstellung, d.h. mit möglichst wenig Zusatzstoffen und geringer Belastung der Umwelt. Ich gehe davon aus, dass so die natürlichen Prozesse, auf die ich setze, am zuverlässigsten funktionieren.
Man könnte sein Mehl für Anstellgut und Brot auch selbst mahlen.
Es muss eigentlich nicht erwähnt werden: das Wasser sollte sauber sein und nicht riechen.
Ablauf
Erster Tag
- Geben Sie zwei bis drei Esslöffel (20-25 ml) warmes Wasser ins Glas
- Geben Sie einen leicht gehäuften Esslöffel (ca. 20 g) Mehl dazu
- Verrühren Sie die Menge mit der Gabel
- Lassen Sie das Glas abgedeckt an einem warmen Ort stehen
(optimale Temperatur zwischen 26 und 30°C, möglich ist alles zwischen 20 und über 30°C)
Zweiter Tag
- Fügen Sie etwas warmes Wasser und einen Teelöffel Mehl hinzu
- Verrühren Sie den Glasinhalt wieder mit der Gabel
Alle weiteren Tage
An allen folgenden Tagen können Sie zuerst etwas von dem Anstellgut abnehmen, bevor Sie es wieder mit neuem Mehl und Wasser füttern. Wenn es stabil ist, dann können Sie es schrittweise verkleinern, siehe Anstellgut pflegen.
Beobachtungen
Im Mehl und in der Luft sind von Natur aus Milchsäure-Bakterien, Essigsäure-Bakterien, Hefepilze und viele andere Mikroorganismen vorhanden. Ziel ist es, deren Wachstum gezielt zu fördern, so dass sie das »Klima« im Anstellgut bestimmen. (Andere Mikroorganismen sollen nicht gefördert werden.)
Im Anstellgut werden unterschiedliche Wachstumsprozesse einsetzen. Nach ein paar Tagen sollte
- immer wieder Blasenbildung zu beobachten sein (Wachstum der Hefepilze)
- das Anstellgut leicht säuerlich riechen (das kündet von Milch- und Essigsäurebildung; es sollte jedoch nicht in der Nase stechen oder unangenehm stinken)
- und eine hellbraune Farbe haben
- Das Anstellgut wird jedes mal in den Stunden nach dem Füttern deutlich an Volumen zunehmen
Wenn das Anstellgut etwas fester ist (etwas mehr Mehl oder weniger Wasser), wird ein »Berg« zu sehen sein. Wenn das Mehl aufgebraucht wird, dann sackt dieser Berg wieder in sich zusammen. Ist das Anstellgut von vornherein etwas dünnflüssiger, dann blubbern die Gase heraus und der Berg wird nicht so deutlich zu sehen sein. Ist das Anstellgut zu fest, kann es sein, dass gar kein Berg zu beobachten ist.
Wenn nach wenigen Tagen alle diese Beobachtungen zutreffen, dann haben Sie erfolgreich einen eigenes Anstellgut hergestellt!
Mensch ärger Dich nicht: Zurück zu Feld Null?
Keine Aufregung, wenn es nicht geklappt hat. Der Einstieg ist so flach, dass Sie einfach nochmal von vorne anfangen können. (Mein erstes, eigenes Anstellgut ist nach einigen Monaten irgendwie »umgekippt«, da habe ich einfach ein neues angesetzt.)
Try harder oder Was kann ich anders machen?
- Ich habe es nicht probiert, aber mitunter wird empfohlen, das Anstellgut nicht abzudecken oder nur mit einem Tuch abzudecken, damit auch aus der Luft die guten Bakterien und Pilze eingefangen werden können.
- Es gibt auch Anleitungen, bei denen das Anstellgut anfangs zwei, drei oder gar vier mal pro Tag mit Mehl und Wasser aufgefrischt und dabei gut durchgerührt wird. So ist immer genug Nahrung und frische Luft im Angebot. Auch das ist einen Versuch wert.
- Anstelle des Wassers könnten Sie lauwarme Buttermilch nutzen, dann bekommen die Milchsäure-Bakterien einen Vorsprung.
- Anstelle des Roggenmehls Type 1150 könnten Sie in den ersten Tagen Vollkorn-Roggenmehl (mit einer höheren Typenzahl) oder sogar Rogenschrot einsetzen. Diese enthalten noch mehr Nährstoffe und Enzyme als die Type 1150.
Nachsatz
Ist das jetzt für immer?
Es gibt Bäcker, die stolz sind, dass sie ihr Anstellgut vom Großvater übernommen haben. Auf der anderen Seite gibt es Regionen, da ist es Brauch, dass einmal im Jahr ein neues Anstellgut angesetzt wird. Und es kursieren auch Rezepte für Sauerteigbrote, für die jedesmal ein völlig neuer Sauerteig angesetzt wird. Da gibt es also keine festen Regeln.
Ja, selbermachen!
Ich persönlich finde es sehr schön, dass ich weiß, wie und wann mein Anstellgut entstanden ist und dass es so einfach war! Wenn das leckere, gesunde Brot in der Küche duftet, dann weiß ich: da sind Mehl, Wasser und etwas Salz drin, sonst nichts! Die Kraft des Getreides kann das!
Alternativen zum eigenen Anstellgut
Um die tägliche Pflege Ihres Anstellgutes (das Füttern) kommen Sie nicht herum, wenn Sie ab und zu ein Sauerteigbrot backen möchten. Herstellen müssen Sie es aber nicht unbedingt selbst. Sie könnten von Freunden oder auch von einem netten Bäcker ein paar Gramm gutgehendes Anstellgut bekommen und damit weiterarbeiten.
Mir ist der natürliche Ursprung und die einfache, direkte Verarbeitung wichtig. Ein Fertig- oder Reinzuchtsauerteig aus der Industrie kommt für mich nicht in Frage, auch wenn die Versprechungen auf der Verpackung noch so blumig klingen.
Ist das Anstellgut stabil, dann können Sie zu seiner täglichen Pflege übergehen.
Merkhilfe zum Ausdrucken
- Anstellgut füttern, pdf, 40 kB
- Grafische Darstellung der täglichen Fütterung des Anstellguts (und der Herstellung des Anstellguts)